Félix Bouchet
Forschungsgutachter
Beruhigung ist nach wie vor eine der wirkungsvollsten, aber auch schwierigsten Maßnahmen bei der Schmerzbehandlung von Rückenschmerzen. Wie in einer kürzlich erschienenen Übersichtsarbeit des Physiotutors hervorgehoben wurde, haben die Erwartungen der Patienten an die Behandlung - insbesondere an das Training - einen erheblichen Einfluss auf die kurz- und langfristigen Ergebnisse ihrer Schmerzen und Funktionen. Neue Evidenzen deuten darauf hin, dass therapeutische Ausbildung und kollaborative Pflege nicht hilfreiche Überzeugungen umgestalten können.
Vielen Therapeut/inn/en fällt es immer noch schwer, wirksam zu beruhigen. Zeitdruck, konkurrierende Prioritäten und Kommunikationslücken lassen die wichtigsten Anliegen der Patienten oft unberücksichtigt und untergraben das therapeutische Vertrauen.
Die Forschung unterstreicht den Wert einer Kombination aus kognitiver Beruhigung (klare, evidenzbasierte Erklärungen) und affektiver Beruhigung (Empathie und Beziehungsaufbau), um die Patienten zu stärken und ihr Selbstmanagement zu fördern. Dennoch bleibt die Frage bestehen: Wie können Therapeut/inn/en ihren Ansatz zur Beruhigung in der täglichen Praxis verfeinern?
Diese qualitative Studie untersucht die Feinheiten einer wirksamen Beruhigung in der Physiotherapie und liefert umsetzbare Strategien zur Verbesserung des therapeutischen Vertrauens und der Genesung der Patienten.
In dieser Studie wurden Videoaufzeichnungen von 20 physiotherapeutischen Erstgesprächen (10 Therapeuten, 20 Patienten) analysiert, die im Jahr 2016 im Rahmen einer größeren Untersuchung zum Training der kognitiven funktionellen therapie (CFT) gesammelt wurden. Zwölf Therapeuten wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, um die Vielfalt in Bezug auf Geschlecht, Alter, klinische Erfahrung (4-14+ Jahre) zu repräsentieren, und hatten eine postgraduale biopsychosoziale Ausbildung (0-12 Tage) erhalten.
Die Patienten (Alter 26-67) mit chronischen unspezifischen LWS (>3 Monate) wurden aus zwei britischen Abteilungen für Physiotherapie rekrutiert. Die Patienten füllten den Ørebro Fragebogen zum Screening von muskuloskelettalen Schmerzen (ØMPSQ), den Roland Morris Disability Questionnaire (RMDQ), das STarTBack Screening Tool und eine numerische Bewertungsskala für Schmerzen (NRS) von 0-10 aus. Die Beratungsgespräche dauerten 35-60 Minuten und wurden per Video aufgezeichnet, wobei ein Forscher anwesend war, um die Ausrüstung zu verwalten. Sieben ursprünglich rekrutierte Patienten wurden ausgeschlossen (1 lehnte die Aufnahme ab, 4 hatten keine Symptome mehr, 2 erschienen nicht zur Untersuchung), so dass 20 Teilnehmer (11 Frauen, 9 Männer) für die Analyse übrig blieben.
In dieser Studie wurde die Konversationsanalyse (CA) als qualitativer Rahmen verwendet, um zu untersuchen, wie effektive Beruhigung in der Physiotherapie während klinischer Konsultationen ko-konstruiert wird.
Die auf Video aufgezeichneten Beratungsgespräche wurden zunächst wortwörtlich von professionellen Transkribierern transkribiert, um eine grundlegende Aufzeichnung der Interaktionen zu erstellen. Diese Transkripte wurden dann mit Hilfe einer detaillierten Jefferson'schen Notation verfeinert, die die feinkörnigen Merkmale der Sprache - einschließlich Pausen, Intonation, Überlappungen und Prosodie - sowie relevante nonverbale Verhaltensweisen (z. B. Blicke, Gesten, Haltung) im Kontext annotiert. Diese Detailgenauigkeit war wichtig, um nicht nur zu verstehen, was gesagt wurde, sondern auch, wie es vorgetragen und aufgenommen wurde.
Geleitet von den Grundsätzen der CA konzentrierte sich die Analyse auf die RUMPF-Dimensionen der Interaktion:
Zwei Forscher analysierten unabhängig voneinander die Gespräche, um die beruhigenden Momente zu ermitteln, und verglichen dann die Ergebnisse, um Verzerrungen zu minimieren. Bei ihrem Ansatz wurde ein Gleichgewicht zwischen der natürlichen Beobachtung von Interaktionsmustern und dem Bewusstsein dafür hergestellt, wie klinische Hintergründe die Interpretationen beeinflussen können. Durch diesen Prozess wurden sowohl offene als auch nuancierte Faktoren identifiziert, die bestimmen, ob eine wirksame Beruhigung in der Physiotherapie im klinischen Dialog erfolgreich ist oder nicht.
Die Ergebnisse zeigen ein Spektrum wirksamer Beruhigungsmaßnahmen in der Physiotherapiepraxis bei der Beratung über Schmerzen im Rücken, das von kooperativen, patientenzentrierten Ansätzen bis hin zu weniger erfolgreichen, vom Therapeuten dominierten Interaktionen reicht.
Physiotherapeut/in geht nicht auf die Sorgen des Patienten ein
Untersuchungen haben ergeben, dass Physiotherapeut/inn/en die primären Bedenken der Patienten voraussetzen und dadurch die von ihnen berichteten Befunde oft herunterspielen. Wörtliche Beispiele sind: "Es ist nicht... es ist keine [große Sache]" (Physiotherapeut/in über die Ergebnisse des MRT des Rückens). Bei der Analyse von drei weiteren Fällen zeigte sich dieses einheitliche Muster der Verharmlosung von Bildgebungsbefunden. Da die Ergebnisse der Bildgebung häufig nicht mit Schmerzen oder Funktionseinschränkungen korrelieren, deuten diese Fälle darauf hin, dass solche Befunde für die Patienten nicht die Hauptsorge sind - obwohl Physiotherapeut/inn/en sie häufig unaufgefordert darüber aufklären.
Die Studien ergaben auch, dass es einigen Ärzten schwer fällt, den Patienten Raum zu geben, um ihre Überzeugungen und Bedenken zu äußern. Wenn Patienten versuchen, Gespräche umzulenken - durch verbale Hinweise wie ein zögerliches "Ja, das ist..." oder nonverbale Signale wie das verzagte "o↓yeaho", während sie nach unten schauen - können Therapeuten diese Gelegenheiten verpassen. Als ein Patient in einem Fall klarstellte, dass die Rückkehr zur Arbeit - und nicht die Ergebnisse des Scans - seine Hauptsorge sei, antwortete der Physiotherapeut/in mit einer allgemeinen Beruhigung: "Ich bin SELBSTVERTRAUEN... wir können Ihnen dabei helfen", anstatt auf seine spezifischen Bedenken einzugehen.
Hinzu kommt, dass Therapeuten manchmal gemischte Botschaften vermitteln. Ein/e Therapeut/in ging zunächst auf die Arthritis eines Patienten ein ("Wir werden uns das ansehen"), widersprach dem aber später, indem er die Wirbelsäulenarthritis als universell ("Wir haben alle welche") und als "normalen Prozess" bezeichnete. Auch die Wahl der Sprache spielte eine Rolle - Sätze wie "sieht nicht schrecklich aus oder etwas, worüber wir uns Sorgen machen müssen" lösten durch Begriffe wie "schrecklich" unnötigen Alarm aus.
Entkräftung der Befürchtungen von Patienten durch ein verhaltensorientiertes Experiment
Die klinische Interaktion in Auszug 5 zeigt einen wirksamen Ansatz zur Bewältigung der Angst eines Patienten, sich nach vorne zu beugen ("ich werde mir den Rücken verletzen"). Der/die Physiotherapeut/in begann mit der schrittweisen Erkundung der Bewegung, zunächst aus einer sitzenden Position heraus, wobei er/sie positive Rückmeldungen gab: "Es ist in Ordnung, nicht wahr?" Bei der Progression zur spezifisch gefürchteten Bewegung des Patienten - dem Beugen im Stehen, das er mit übermäßiger "Distanz" assoziierte - beobachtete der Therapeut scharfsinnig die ängstlichen nonverbalen Hinweise des Patienten und schuf Raum für eine Diskussion, indem er fragte: "Haben Sie irgendwelche Sorgen deswegen?"
Die Sitzung ging dann zur Änderung von Überzeugungen durch physische Demonstration über. Indem der Therapeut den Patienten in eine unbelastete, seitlich liegende Position mit zur Brust gebeugten Knien führte - eine Position mit vollständig gebeugter Wirbelsäule, die der Patient normalerweise fürchtete - und ihn fragte: "Spüren Sie irgendetwas?", erzeugte er einen starken Erfahrungswiderspruch, als der Patient antwortete: "Nein, es ist eigentlich sehr bequem." Diese konkrete Demonstration, dass Flexion schmerzfrei sein kann, führte zu einem Schlüsselmoment, in dem der Therapeut sagte: "Das Problem ist nicht die Flexion an sich, sondern wie man sich beugt: Es ist der Prozess, wie Sie in diese Positionen kommen." Die bedeutungsvolle Zustimmung des Patienten - "Ja, das ist... das ist ein großer Teil des Problems, das ich hatte" - bestätigte diese Veränderung im Verständnis.
Die Intervention gipfelte in einer praktischen Anwendung, bei der Atmungstechniken während der BEWEGUNG eingesetzt wurden, um die Schutzfunktion zu reduzieren. Die unmittelbare Rückmeldung der Patientin - "Eigentlich viel besser" und "es ist besser als vorher" - zeigte greifbare Fortschritte, die die Therapeutin durch reflexive VALIDITÄT ("Ich stimme mit Ihnen völlig überein") in Bezug auf die Mechanismen des Schutzes verstärkte.
Dieser Fall veranschaulicht, wie eine Kombination aus allmählicher Exposition, physischer Demonstration von Sicherheit, kognitiver Umstrukturierung und sofortiger positiver Verstärkung in der Physiotherapie eine wirksame Beruhigung bietet, indem bewegungsbezogene Ängste angesprochen werden. Sie unterstreicht, dass die Sicherheit in der Physiotherapie dann am größten ist, wenn die Patienten durch ihre eigenen Bewegungserfahrungen Sicherheit entdecken, unterstützt von einem Therapeuten, der ihre Progression sowohl anleitet als auch validiert.
Wie Forscher festgestellt haben, scheint es ein Muster zu geben, bei dem Physiotherapeut/inn/en systematisch bildgebende Befunde besprechen, auch wenn die Patienten sie nicht als Problem angesprochen haben. Dies wirft Fragen bezüglich der zugrunde liegenden Annahme auf, dass sich die Patienten zu sehr mit den Ergebnissen der Bildgebung befassen. Solche Vorannahmen können dazu führen, dass auf die tatsächlichen Anliegen der Patienten nicht angemessen eingegangen wird, so dass sie sich unverstanden fühlen.
Wir müssen daher die Tendenz untersuchen, den Patienten eine allgemeine Aufklärung über die Bildgebung zukommen zu lassen. Warum ist dies der Fall? Eine mögliche Erklärung ist die Annahme einer Expertenhaltung, die zu einer vertikalen Beziehung führt, in der der Therapeut die Rolle des Wissensträgers einnimmt, der den Patienten "erziehen" muss. Diese Dynamik, die wahrscheinlich unbewusst ist, kann zu einem Ungleichgewicht in der therapeutischen Beziehung führen und den Patienten eher als passiven Empfänger von Wissen denn als aktiven Teilnehmer positionieren.
Eine horizontale therapeutische Beziehung hingegen stellt die Gleichheit zwischen Therapeut und Patient her. Dieser kooperative Ansatz ermöglicht es, dass sich Lösungen auf natürliche Weise aus den gelebten Erfahrungen des Patienten ergeben, wobei der Therapeut die Erkundung erleichtert und fachkundige Umdeutungen anbietet, wenn dies nützlich ist. Eine solche Dynamik verbessert die Fähigkeit des Therapeuten, dem Patienten wirklich zuzuhören und genau auf seine Anliegen einzugehen.
Die abschließende Fallstudie ist ein Beispiel für eine wirksame Beruhigung in der Physiotherapie in der Praxis, die diese ideale therapeutische Interaktion demonstriert. Durch Verhaltensexperimente wie die abgestufte Exposition gegenüber gefürchteten Bewegungen entwickeln die Patienten ein entscheidendes Selbstbewusstsein und werden zu aktiven Teilnehmern an ihrer Behandlung. Evidenz deutet darauf hin, dass Patienten, die sich körperlich mit ihrem Zustand auseinandersetzen und ihn verstehen - unterstützt durch die Verstärkung durch den Therapeuten -, mehr Sicherheit erfahren und wahrscheinlich bessere Ergebnisse bei der Genesung erzielen.
In dieser qualitativen Studie wird ein nicht-statistischer Ansatz gewählt, um Beruhigungstechniken in der Physiotherapie zu untersuchen. Es umfasst zwar quantifizierbare Skalen wie NPRS, ÖMPSQ und RMDQ, diese werden jedoch nicht als primäre Ergebnis-Messgrößen verwendet, um auf die klinische Wirksamkeit zu schließen. Stattdessen konzentriert sich die Studie auf die subjektiven Dimensionen therapeutischer Interaktionen und wirft damit wichtige Fragen über die Natur der Evidenz bei der Untersuchung von inhärent qualitativen Phänomenen auf.
Die Herausforderung, subjektive Erfahrungen zu untersuchen
Die Sozialforschung stellt besondere methodische Herausforderungen, da herkömmliche statistische Instrumente oft nicht ausreichen, um die Feinheiten der Patientenwahrnehmung und der gelebten Erfahrungen zu erfassen. Diese Elemente widersetzen sich per definitionem der Quantifizierung und erfordern alternative Paradigmen, die in der Lage sind, die Konstruktion von Bedeutung in sozialen Interaktionen zu erforschen. Qualitative Forschung ist daher der am besten geeignete Rahmen für die Beantwortung solcher Fragen.
Konversationsanalyse und ethnomethodologische Grundlagen
Die Autoren verwenden die Konversationsanalyse (CA), eine Methodologie, die stark von der phänomenologischen Philosophie und der Ethnomethodologie beeinflusst ist. Dieses in der phänomenologischen Tradition begründete Paradigma erkennt an, dass die Wirklichkeit subjektiv durch individuelle und kollektive Interpretation konstruiert wird. Die Ethnomethodologie erweitert diese Perspektive, indem sie untersucht, wie soziale Ordnung praktisch durch alltägliche Interaktionen erreicht wird.
Zu den wichtigsten analytischen Schwerpunkten gehören:
In diesem Zusammenhang sind die therapeutischen Beziehungen nicht vordefiniert, sondern werden durch die Interaktion von Moment zu Moment aktiv mitgestaltet. Die Zusicherung eines Physiotherapeuten/einer Physiotherapeutin beispielsweise wird nicht einfach nur "abgegeben", sondern ist geprägt von einem wechselseitigen Austausch, bei dem beide Parteien dazu beitragen, zu definieren, was "Progression" oder "Risiko" ist. Diese Studie untermauert empirisch die ethnomethodologische Perspektive und zeigt, dass die wirksamsten Beruhigungstechniken aus kooperativen therapeutischen Interaktionen hervorgehen. Diese Interaktionen sind gekennzeichnet durch: Verhaltensexperimente (allmähliche Exposition gegenüber der gefürchteten Bewegung), gleichberechtigte Kommunikation und eine gemeinsam erstellte Behandlungsplanung durch die gemeinsame Identifizierung der zugrunde liegenden Faktoren, die zum Schmerzempfinden des Patienten beitragen oder es erklären.
Wissenschaftliche Strenge bei qualitativen Untersuchungen
Der Gegenstand der Studie ist zwar nicht quantifizierbar, aber die methodische Strenge wird durch standardisierte Analyseprotokolle aufrechterhalten. CA bietet einen systematischen Rahmen für die Transkription und Interpretation von Interaktionen und gewährleistet so die Reproduzierbarkeit trotz der inhärent subjektiven Natur der Daten. Durch die Einhaltung dieser Grundsätze liefert die Studie empirisch fundierte Erkenntnisse über den Prozess der Rückversicherung und ergänzt damit die ergebnisorientierte quantitative Forschung.
Diese Studie definiert wirksame Beruhigung in der Physiotherapie neu als einen ko-konstruierten Prozess, nicht als eine vom Therapeuten durchgeführte Intervention.
1. Erst zuhören, dann erziehen
2. Ersetzen Sie vertikale durch horizontale Kommunikation
3. Sprache ist wichtig
Vermeiden Sie verharmlosende Formulierungen ("Es ist nicht schrecklich") oder gemischte Botschaften. Stattdessen:
4. Nonverbale Hinweise verwenden
Unterm Strich: Sicherheit ist nichts, was man verschenkt, sondern etwas, das man gemeinsam durch Dialog, Experimentieren und gemeinsame Ziele aufbaut.
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